Frankenau-Louisendorf – Absturz einer Halifax am Hessenstein
Louisendorf. In der Nacht vom 24. auf den 25. März 1944 stürzte ein britischer Halifax-Bomber im Breitenbach zwischen der heutigen B 252 und Louisendorf, unweit von Burg Hessenstein, in den Wald.
Ein Bericht von Hans Joachim Adler
Der Hergang blieb lange im dunkeln. In jüngster Zeit konnte Hans-Joachim Adler (Frankenau), der Luftkriegsereignisse im Frankenberger Raum systematisch erforscht, die Hintergründe klären. Er schrieb den folgenden “Blick zurück”.
Die englische Halifax war im Anflug auf Berlin, als sie zwischen Frankenau und Ellershausen von Nachtjägern aus Kassel-Rothwesten angegriffen und getroffen wurde. Erste Teile aus dem Geschützstand des Bombers fielen auf das Alte Feld bei Geismar. Brennend zog das Flugzeug über Geismar in Richtung Schreufa. Danach flog es bis Kirchlotheim und wendete wieder nach Westen. Über Schmittlotheim verlor der Bomber ein Rad, das im Ort herunterkam. Bei Ederbringhausen an der Kälberhute soll die Bombenladung abgeworfen worden sein. Die Krater sind heute noch zu erkennen.
Über den Hessenstein kam die Maschine gerade noch so hinüber, am Breitenbach brach der Bomber in der Luft auseinander. Die Tragflächen flogen in verschiedene Richtungen und lagen etwa 600 Meter voneinander entfernt brennend auf dem Altenberg. Der Rumpf rutschte fast bis in den Breitenbach.
Zwei Besatzungsmitglieder konnten sich nach dem Absturz bis zum Bach schleppen, wo sie verstarben. Die Besatzung wurde zunächst in Louisendorf bestattet und später von einem Gräberkommando der RAF exhumiert und nach Hannover überführt.

Abschuss durch JU 88
Der Abschuß erfolgte durch Oberleutnant Schmucker in einer JU 88. Schmucker verschoß in der Nacht zum ersten Mal eine neuartige Munition, und zwar 20-mm-Minengeschosse mit vorgespanntem Zünder. Der Oberleutnant wollte sich tags darauf von seinem Angriff überzeugen und fuhr zum Hessenstein. Rudolf Schulte, der als Flakhelfer in Rothwesten eingesetzt war, hatte Wochenendurlaub und fragte, ob er mitfahren könne. Der Oberleutnant war froh über einen ortskundigen Führer.
Schulte konnte später sehr genaue Angaben machen. So seien alle nur denkbaren Leuchtsterne zur Kenntlichmachung eines deutschen Flugzeuges an Bord des Bombers gewesen.
Die Halifax war als “Pfadfinder” auf dem Weg nach Berlin. Sie gehörte zur 6. Bombergruppe der Engländer und hatte eine kanadische Besatzung. 726 Bomber der Royal Air Force waren mit 2496 Bomben an Bord gestartet. Insgesamt 72 Maschinen von Ihnen gingen verloren.
Als Pfadfinder war die Maschine mit Bodenerfassungsradar ausgerüstet. Da die Kapsel des Radarschirmes aus Bakelit bestand, blieben sehr viele Teile davon erhalten. Im Gegensatz zur Standardausführung hatte die Maschine eine Besatzung von 8 Personen, eine Person mehr als normal.
Drei Einschlagstellen der Halifax-Sternmotoren habe ich im Laufe der Jahre gefunden. Doch es soll noch ein Triebwerk im Sumpfgebiet des Breitenbachs stecken.
Von dem Flugzeug ist nicht viel übrig geblieben. Schon während des Krieges wurde das meiste Material zum Bahnhof Ederbringhausen gebracht und eingeschmolzen. 1950 wurde ein Motor ausgegraben und an einen Frankenberger Schrotthändler zum stolzen Preis von 2.000.- DM verkauft. Die Koreakrise wirkte sich auf den Rohstoffmarkt aus, gerade Buntmetall und Alu waren knapp.
Auf dem Altenberg befindet sich ein kleines Denkmal, von Waldarbeitern angelegt.
Ein Flugzeugteil zeigt das Herstellungsjahr 1944. Bei der Suche im Absturzgebiet fand ich einige Typenschilder, unter anderem das des Funkgerätes. Weiter kam nach langem Suchen ein Feuerlöscher zum Vorschein. Das meiste haben Schrotthändler nach dem Kriege eingesammelt.
Die 6. RAF-Bombergruppe verlor während des Krieges 814 Maschinen. Sie flog 40 822 Einsätze. Die nächste Absturzstelle dieser Group befindet sich in Sehlen.
Einige Daten zur Handley-Page-Halifax: Bis zum Masseneinsatz der Lancaster-Bomber stellte der viermotorige Bomber den Kern des britischen Bomberkommandos. Im November 1940 wurden die ersten Maschinen an die RAF ausgeliefert. Insgesamt wurde die Halifax bis zum November 1946 in neun Versionen mit insgesamt 6176 Stück ausgeliefert.
Immer wieder kommen Besatzungsangehörige und deren Nachfahren aus der ganzen Welt nach Deutschland, um Schicksale und Ereignisse zu klären. Luftkriegshistoriker versuchen, alle Spurten und Daten festzuhalten.