Twistetal – Nieder-Waroldern – Absturz einer Ju-52
Ein Bericht von Hans Joachim Adler
11. April 1945. Seit fast zwei Wochen beherrschten Amerikanische Militärfahrzeuge das Erscheinungsbild in den Ortschaften um den Edersee. Die Sperrmauer war nicht gesprengt worden, wie viele befürchtet hatten, aber auch so waren die Schäden durch Kampfhandlungen gewaltig. Der Krieg aber war noch nicht zu Ende. Im Ruhrgebiet standen noch immer tausende von Soldaten unter Waffen. Diese Truppen mussten aber irgendwie versorgt werden, also wurden rasch Transportflugzeuge vom Typ Junkers Ju 52/3 zusammen gezogen, die bei Nacht versuchten den Fliegerhorst Deilinghofen bei Iserlohn anzufliegen.

Fast jede Nacht starteten Maschinen von Flughafen Berlin-Werder aus in den Ruhrkessel, um Versorgungsgüter zu transportieren. So auch in der Nacht vom 10/11 April 1945. Von Seiten der Alliierten war man aber über diese Einsatzflüge unterrichtet und Maschinen vom Typ Northrop P 61 , die als Nachtjäger mit Leistungsstarkem Radargerät im Luftraum um den Kessel patrouillierten, schossen viele der Ju´s ab. Im Kreis Waldeck/Frankenberg stürzten zwei dieser Maschinen zu Boden. In der Nacht vom 6/7 April 45 war bei Wrexen schon eine dreimotorige Ju abgestürzt und nun hatte es eine bei Nieder Waroldern erwischt. Um 21.30 Uhr war man in Berlin mit 27 anderen gestartet und um 23.15 Uhr erhielt die Maschine Treffer die zum Absturz führte. Mit brennendem rechten Motor schlug die Ju 52/3 westlich Nieder Waroldern neben einem Waldstück auf einer Wiese auf. Leutnant Willi Tacken und Unteroffizier Helmut Ritschle gelang noch kurz vor dem Absturz der Absprung mit dem Fallschirm. Helmut Ritschle schlug sich anschließend mit verbranntem Gesicht und Armen bis nach Niederwaroldern durch, wo er auf einem Bauernhof eine Erstversorgung der Verletzungen erhielt. Anschließend brachte man ihn mit einer Pferdekutsche ins Lazarett nach Bad Arolsen . Leutnant Tacken blieb unverletzt und ging den Weg in die Kriegsgefangenschaft. Die beiden anderen Besatzungsmitglieder, Feldwebel Helmut Töpfer und Unteroffizier Zillmann kamen ums Leben. Zillmann war mit dem Fallschirm abgesprungen, ihn fand man erst Tage später tot in der Höringhäuser Gemarkung, Töpfer verbrannte in der Maschine. Beide haben ihre letzte Ruhestätte auf den Friedhöfen von Höringhausen und Niederwaroldern gefunden.
Karl Keuling aus Niederwaroldern war zum Zeitpunkt des Unglücks sechs Jahre alt. Ein alter wo alles von Interesse ist was sich an außergewöhnlichem ereignet. Als es hell wurde zog es ihn wie viele andere Bürger aus der Umgebung zu dem rauchenden Flugzeugwrack. Die amerikanischen Besatzer hatten fast gar kein Interesse an der Maschine, ihr Hauptaugenmerk galt der Weiterführung des Krieges im Ruhrkessel. So blieb das Wrack erst einmal liegen. Die Monate nach dem Absturz ließen die Menge des Materials was auf der Wiese lag, immer mehr zusammenschrumpfen. Landwirte aus den Umliegenden Ortschaften bauten sich alles aus was in der Landwirtschaft verwendbar war. Jeder konnte irgendetwas vom Flugzeug gebrauchen. Die letzten Reste wurden wenige Jahre später dann von Schrotthändlern abgeholt.
62 Jahre später tauchte bei Herrn Keuling ein Teil dieser Junkersmaschine wieder auf. Ein Aluminiumrohr von fünf Metern Länge hat auf einem Wiesengrundstück all die Jahre als Wasserablaufrohr überstanden. Dieses Rohr gehörte einmal zum Herzstück des Flugzeuges, vier dieser Rohre hielten den Rumpf in Längsrichtung zusammen. Als Erinnerung an die Geschehnisse soll dieses Relikt auch für die Zukunft in Niederwaroldern erhalten bleiben. Eine Absuche an der Unglücksstelle nach 62 Jahren mit Herrn Keuling brachte nur noch wenige Kleinteile zutage, zu gut hatte man damals alles abgeräumt.
Geblieben sind nur dieses Rumpfrohr, die beiden Kriegstoten und das Wissen der Zeitzeugen die von den Ereignissen noch berichten können.